WORLD OCEAN REVIEW: Rolle des Ozeans im Kohlenstoffkreislauf der Erde
Kohlenstoffspeicher Ozean: Riesig, effizient und in Gefahr
Der Weltozean ist der zweitgrößte Kohlenstoffspeicher der Erde. Er enthält etwa 40.000 Milliarden Tonnen Kohlenstoff. Damit übertrifft der Ozean den Kohlenstoffgehalt der Atmosphäre um mehr als das 50-Fache. Meer und Atmosphäre wiederum stehen in einem steten Kohlenstoffaustausch. Je mehr die Kohlendioxidkonzentration in der Erdatmosphäre steigt, desto mehr Kohlendioxid nimmt der Ozean auf und reduziert damit das Tempo des Klimawandels.
Das Klimasystem der Erde nutzt physikalische, chemische und biologische Prozesse, um Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre zu entfernen und an Land, im Meer oder im geologischen Untergrund einzulagern. Der Weltozean bedient sich dieser Prozesse in so umfassendem Maß, dass er im Laufe der Erdgeschichte schon große Veränderungen der atmosphärischen CO2-Konzentration abgefedert hat. Allerdings dauern solche Ausgleichsprozesse Jahrmillionen.
In jedem Jahr wandern mehr als 150 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in Form des Treibhausgases CO2 zwischen Ozean und Atmosphäre hin und her.
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Abb.: Der natürliche Kohlenstoffkreislauf der Erde: Blau hinterlegt sind Kohlenstoffsenken oder -speicher, in denen Kohlenstoff oder eine seiner vielen Verbindungen eingelagert wird. Die Pfeile stellen Austauschprozesse dar, bei denen Kohlenstoff oder eine seiner vielen Verbindungen gebunden, verlagert, ausgetauscht oder freigesetzt wird.
Aufgrund seiner natürlichen Kohlendioxid-Aufnahmefähigkeit ist der Ozean ein Hauptakteur im globalen Kohlenstoffkreislauf. Er enthält etwa 40.000 Milliarden Tonnen Kohlenstoff, wobei der größte Teil im Meerwasser gelöst ist. Damit stellt der Ozean den zweitgrößten Kohlenstoffspeicher unseres Planeten dar. Sein Kohlenstoffreservoir übertrifft jenes der Atmosphäre um mehr als das 50-Fache.
Ozean und Atmosphäre stehen in einem steten Kohlenstoffaustausch. In jedem Jahr wandern mehr als 150 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in Form des Treibhausgases CO2 zwischen Ozean und Atmosphäre hin und her. Weil die CO2-Konzentration in der Atmosphäre aufgrund der anthropogenen Emissionen steigt, absorbiert auch der Ozean mehr CO2. So hat der Weltozean in den zurückliegenden Jahrzehnten etwa 25 Prozent der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen aus der Atmosphäre aufgenommen und so die Erderwärmung maßgeblich gebremst.
Der Kohlenstoff tritt seine Reise durch das Meer an und wird dabei unter Umständen für Tausende Jahre in großer Wassertiefe eingelagert.
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Die CO2-Aufnahme des Ozeans erfolgt an der Meeresoberfläche, wo sich das CO2 aus der Luft im Meerwasser löst. Infolgedessen wird eine chemische Gleichgewichtsreaktion im Oberflächenwasser angestoßen, die dazu führt, dass der im Kohlendioxid enthaltene Kohlenstoff größtenteils chemisch gebunden wird. Das Oberflächenwasser enthält dann Kohlenstoff in drei gelösten Formen: als Kohlendioxid, als Hydrogenkarbonat und als Karbonat.
Anschließend tritt der Kohlenstoff seine Reise durch das Meer an und wird dabei unter Umständen für Tausende Jahre in großer Wassertiefe eingelagert. Diese Reise kann auf unterschiedlichen Wegen erfolgen: über die Meeresströmungen (physikalische Kohlenstoffpumpe), über das Nahrungsnetz (organisch-biologische Kohlenstoffpumpe) oder über die Bildung von Kalkschalen und Skeletten (anorganisch-biologische Kohlenstoffpumpe). Bei den letzten beiden wird ein Teil des Kohlenstoffs sogar in den Sedimenten am Meeresboden eingelagert, was bedeutet, dass er für Jahrmillionen weggeschlossen wird.
Abb.: Die Kreidefelsen auf Rügen bestehen aus Karbonatgestein. Fällt kohlendioxidreiches Regenwasser auf diese Felsen, verwittert das Gestein und säurebindende Lösungsprodukte werden in die Ostsee gewaschen. Diese reagieren mit freien Protonen im Meerwasser und mindern dessen Versauerung.
Der Kohlenstoffkreislauf des Meeres ist aber keine Einbahnstraße, denn alle drei Formen des im Wasser gelösten Kohlenstoffs stehen in einem ausbalancierten Konzentrationsgleichgewicht zueinander. Veränderungen eines Parameters führen sofort zu Ausgleichsreaktionen bei den zwei anderen.
Abb.: Als organischbiologische Kohlenstoffpumpe des Meeres werden jene Prozesse bezeichnet, bei denen Algen und Pflanzen CO2 aus dem lichtdurchfluteten Oberflächenwasser aufnehmen und in Biomasse umwandeln, die im Anschluss eine Reise Richtung Meeresboden antritt. Entscheidend für die globale Emissionsbilanz und den weiteren Verlauf des Klimawandels ist dabei, wie viel der Biomasse in Wasserschichten unterhalb der von Wind und Wellen durchmischten Deckschicht sinkt. Im Zwischenund Tiefenwasser (Dämmerungszone/ tiefer Ozean) sind nämlich sowohl das organische Material als auch der in ihm enthaltene Kohlenstoff für Jahrzehnte bis Jahrhunderte eingeschlossen, ganz gleich, ob die Biomasse gefressen und veratmet wird – oder weiter Richtung Meeresboden sinkt.
Aus: World Ocean Review Nr. 8, 2024, Hamburg.
Eine der wichtigsten chemischen Veränderungen im Zuge der steigenden Kohlendioxidaufnahme des Weltozeans ist die zunehmende Versauerung. Seit Beginn der Industrialisierung ist der Säuregehalt des Ozeans um 26 Prozent gestiegen – eine Veränderung, wie sie die Weltmeere in den vergangenen Jahrmillionen noch nicht erlebt haben. Mittlerweile reicht das Versauerungssignal in einigen Meeresregionen in Tiefen von mehr als 2000 Metern und beeinträchtigt die Lebensbedingungen vieler Meeresorganismen. Noch ist nicht eindeutig geklärt, in welchem Umfang sich diese an die Ozeanversauerung anpassen können.
Fest steht jedoch, dass mit zunehmendem Klimawandel die CO2-Aufnahme- und -Speicherkapazität des Ozeans abnehmen werden: zum einen, weil wärmeres Wasser weniger gelöstes CO2 speichern kann als kälteres; zum anderen verstärkt die steigende Wassertemperatur die Schichtung der Wassermassen und die Stoffwechselrate der Meeresorganismen. Beide Prozesse beeinträchtigen die biologische Kohlenstoffpumpe, sodass diese weniger Kohlenstoff in großen Tiefen einlagern kann.
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der maribus gGmbH.
Der mareverlag gründete 2008 die gemeinnützige Gesellschaft maribus, um die Öffentlichkeit für meereswissenschaftliche Zusammenhänge zu sensibilisieren und somit zu einem wirkungsvolleren Meeresschutz beizutragen. Kein kommerzieller Gedanke, sondern allein eine möglichst hohe Aufmerksamkeit für die Belange der Meere sollte im Vordergrund stehen. Der „World Ocean Review“ ist eine einzigartige Publikation über den Zustand unserer Meere und spiegelt den aktuellen Stand der Wissenschaft wider. Alle WOR-Ausgaben können hier kostenfrei bestellt oder als PDF heruntergeladen werden: https://worldoceanreview.com/de/
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