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SPROTTEN, SALZWASSER, SAILING CITY: Anne und Ina
„Wer online nicht existiert, wird auch offline nicht gefunden.“
Wir bei Kiel-Marketing sind eng mit Kiel, dem Meer und unserem Job verbunden. An dieser Stelle erzählen wir, was wir am liebsten mögen an unserer Stadt an der Kieler Förde.
Ein Treffen auf der Zukunftsbaustelle: Anne Böhm und Ina Runge bringen die Digitalisierung bei Kiel-Marketing und in der Kieler Innenstadt voran, von KI im Office bis zu Multi-Touch-Tischen im Zukunftraum. Und das Beste: Gemeinsam arbeiten wir an einem Ocean-Race-Europe-Kiel-Song – klar, mithilfe von KI!
Digitalisierung ist ein Megathema, auch für Kiel-Marketing. In einem Satz: Was ist für euch Digitalisierung?
Ina: Das kommt auf den Kontext an. Bezogen auf meinen Arbeitsbereich würde ich sagen, dass Digitalisierung eine sinnvolle Ergänzung für den stationären Handel und die Innenstadt von morgen ist.
Anne: Ich sage es mal mit Schlagworten: Arbeitserleichterung und Zukunftssicherung.
Digitalisierung und KI findet man bei uns überall, vom Zukunftsraum bis zu unseren Toilettenräumen. Anne, du weißt, worauf ich anspiele...
Anne: Du meinst bestimmt die KI-Kiel-Songs, die gerade Einzug in unsere Sanitäranlagen gehalten haben. Lustig, wie man mit einfachen Mitteln den Leuten ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann oder? In der Praxis, die dahinter steckt ist es komplex, aber das Ergebnis sehr greifbar und ein Glück auch noch nicht so perfekt, dass man spätestens nach ein paar gesungenen Worten erkennt, dass es kein Mensch singt.
Wie bist du eigentlich überhaupt darauf gekommen?
Anne: Das hat so richtig mit dem Aufkommen von ChatGPT angefangen. Aus persönlichem Interesse habe ich mich dann damit beschäftigt und unser Geschäftsführer fand das Thema auch spannend. Er hatte dann direkt die Idee, dass ich auch mal was zum Thema KI machen könnte. Was KI-Musik betrifft, hatte er dann den Wunsch, dass wir hier bei einer Sitzung was präsentieren. Dann habe ich das Ausprobieren angefangen und dann weißt du wie das ist …
Anne Böhm
Projektmanagerin Digitalisierung lokale Wirtschaft
Kommen noch mehr Songs? Wie funktioniert das eigentlich, hast du einzelne Schlüsselwörter und Beats vorgegeben und die KI hat daraus Songs generiert?
Anne: Also ich habe mir schon Mühe gegeben, wenn man die KI nicht gut brieft, dann denkt sie sich irgendwas aus. Das heißt, das Briefing für diesen Text war schon intensiv. Weitere Songs gibt's in Zukunft glaube ich erst einmal nur, wen mich jemand drum bittet, wie zum Beispiel Ina, die sich dann einen der Songs in einer Schlagerversion gewünscht hat. Ansonsten konzentriere ich mich jetzt erst einmal wieder auf den Zukunftsraum und unsere anderen Projekte.
Ina Runge
Projektleiterin Digitalisierung lokale Wirtschaft
Von der Keramikabteilung in die Zukunft. Wie seid ihr auf die Idee mit dem Zukunftsraum gekommen?
Ina: Die Idee des Zukunftsraums entstand 2022, kurz nach der Pandemie, als es darum ging, dem Handel etwas anzubieten und eine Perspektive zu geben, sich digital aufzustellen. Die Tür ein Stück weit zu öffnen und die Hürden zu minimieren. In den Jahren 2023 und 2024 haben wir umfangreiche Befragungen im Handel und in der Gastronomie gemacht, wie sie digital aufgestellt sind. Dann haben wir entschieden, dass wir einen entsprechenden Raum brauchen, das hat auch die Studie ergeben, die dahinter steht. Wir wollen einen Ort schaffen, der dazu einlädt, sich konstruktiv und kritisch mit dem Thema Digitalisierung im Handel auseinanderzusetzen. Einen Raum, der verschiedene Technologien in ihrer Anwendung zeigt, ohne dass die Händler irgendwelche Tech-Messen besuchen müssen. Aber eigentlich haben wir uns noch eine viel größere Hürde auferlegt, denn wir wollen nicht nur einen Raum haben, der die Technologien in ihrer theoretischen Funktion zeigt, sondern wir wollen direkt einen Händler hier vor Ort einbeziehen, der die Technologien in sein Tagesgeschäft integriert und direkt davon profitiert. Der ausprobieren kann, wie sich digitale Entwicklungen und Technologien auf den Betriebsablauf, auf den Umsatz, auf die Marke, auf die Sichtbarkeit usw. auswirken.
„Digitalisierung fängt schon damit an, dass ich überhaupt digital auffindbar bin.“
Ina Runge
Mein Eindruck ist, dass gerade in Deutschland in vielen Geschäften noch nicht einmal mit Karte bezahlt werden kann. Wie reagieren die Händler vor Ort auf eure Initiative?
Ina: Wir stellen schon eine gewisse Digitalisierungslethargie fest, weil das Verständnis von Digitalisierung oft nicht so klar ist. Es hat sich zu einer Art Buzzword entwickelt. Da sagt man schnell: Ach nee, brauche ich nicht, kann ich nicht, will ich nicht, interessiert mich nicht. Ich glaube, das ist ein bisschen deutsch, dass es grundsätzlich an Innovationsbegeisterung fehlt. Das mag aber auch daran liegen, dass wir seit Jahren von verschiedensten Krisen geplagt sind, dass Händler und Gastronomen vor großen Herausforderungen stehen, da probiert man natürlich nicht so schnell innovative Dinge aus.
Wir wollen aber zeigen, dass Digitalisierung nicht „Onlineshop“ bedeutet. Digitalisierung fängt schon damit an, dass ich überhaupt digital auffindbar bin. Unsere Umfrage hat ergeben, dass 30 Prozent der Händler und Gastronomen online nicht auffindbar sind, weil sie keine oder keine gut funktionierende Website haben. Das Einfachste ist immer noch ein Google-Brancheneintrag. Wer online nicht existiert, wird auch offline nicht gefunden.
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Wir haben einmal festgestellt, dass das Internet Neuland ist. Aber Lethargie, Unwissenheit oder Angst reichen als Erklärung nicht aus.
Ina: Da kommen verschiedene Faktoren zusammen. Es gibt nicht diesen klaren, sofort erkennbaren Nutzen, den ich monetär gegenrechnen kann. Dann ist Technologie immer damit verbunden, dass ich natürlich auch im Hintergrund die entsprechende Basis schaffen muss. Wir haben hier im Zukunftsraum einen digitalen Shoppingassistenten, über den ich Waren, die ich hier im Zukunftsraum nicht finde, online bestellen kann. Dazu brauche ich aber eine digitale Warenwirtschaft und die ist noch nicht flächendeckend in allen Bereichen durchgesetzt.
Da sind die großen Filialisten natürlich deutlich weiter, weil sie einfach andere Ressourcen haben.
Ich verstehe auch, dass ein inhabergeführter Einzelhandel nicht alles in der Form leisten kann. Aber ich würde mir wünschen, dass man sich grundsätzlich intensiver mit dem Thema auseinandersetzt. Im vergangenen Jahr haben wir den Einzelhändlern Gespräche und Digitalchecks zur Verfügung gestellt. Dass man seinen digitalen Status quo überprüfen lassen kann, vom Instagram-Eintrag über den Google-Eintrag bis hin zur Website. Aber das Angebot wurde leider nicht so angenommen, wie es möglich gewesen wäre, obwohl es kostenlos war.
„Dadurch haben die Verkäuferinnen und Verkäufer auch mehr Zeit und können sich vor Ort auf den persönlichen Kundenkontakt konzentrieren.“
Ina Runge
Bei Kiel-Marketing arbeiten neben dem zehnköpfigen Ocean-Race-Europe-Team rund 40 weitere Mitarbeitende in den Geschäftsbereichen Tourismus, Stadt- und Citymanagement, Innenstadt-Management, Quartiersmanagement sowie im Segelcamp powered by Stadtwerke Kiel, wo jedes Jahr 3.000 Kinder und Jugendliche segeln.
Ein solches Konzept bringt ja auch den BesucherInnen eines Shops viele Vorteile. Wo treffen sich im Zukunftsraum die Bedarfe der Unternehmen und die Bedürfnisse der KundInnen?
Anne: Spannende Frage. Wenn ich als Kundin zum Beispiel ein T-Shirt in S nicht finde, es mir aber sehr gut gefällt, dann kann ich es über den digitalen Assistenten bestellen und mir in S direkt nach Hause schicken lassen – das funktioniert aber nur, wenn der Händler sein digitales Warenwirtschaftssystem hinterlegt hat und mir auch anzeigen kann, dass er es überhaupt noch irgendwo auf Lager hat.
Was gibt es sonst noch im Zukunftsraum?
Ina: Besonders cool ist auch der Multi-Touch-Tisch, der ist wirklich ein bisschen abgespaced wie in den Krimis im Fernsehen ...
... oder wie bei James Bond, wenn mega wichtige virtuelle Informationen auf einem Screen hin und her geschoben werden, um die Welt zu retten …
Anne: ... genau, bei unserer letzten Nutzung mit Vintage Fashion hatten sie ihr ganzes Sortiment in Bildern dargestellt, so dass man sich auch kleine Gruppierungen machen konnte. Man hat zum Beispiel drei Westen gefunden und die konnte man dann als Kollektion speichern und später noch mal anschauen. Und wenn man dann genug gestöbert hatte, konnte man hinterher noch eine Runde digitales Airhockey spielen.
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Ina: Und wir haben noch viel mehr. Neben Digital Signage, also statt gedruckter Plakate jetzt bewegte Bilder, die auch ständig aktualisiert werden können, haben wir sensorbasierte Technologien: Ich habe einen Produkttisch mit Waren, die mit Sensoren ausgestattet sind, und wenn der Kunde mit diesen Produkten interagiert, kommen die Informationen auf einem Screen dazu. Mit Helly Hansen, die ab Mai hier reinkommen, haben wir schon überlegt, ob man dort entsprechende maritime Inhalte platzieren kann, die dann passend zum Produkt auf dem Display erscheinen. Oder ich kann hinterlegen, welche Materialien verwendet wurden. Wo das Produkt produziert wurde. Wer die Designer sind. Welche berühmten SeglerInnen es gibt, die das Produkt auch haben und so weiter. Dadurch haben die Verkäuferinnen und Verkäufer auch mehr Zeit und können sich vor Ort auf den persönlichen Kundenkontakt konzentrieren, den es online eben nicht gibt.
Der Respekt vor der Digitalisierung liegt bei jedem Einzelnen, das gilt auch im Unternehmenskontext. Anne, wie kann man ganz einfach damit anfangen, KI in den Unternehmensalltag zu integrieren?
Anne: Ganz einfach ist immer so eine Sache, denn zuerst muss das Mindset stimmen. Das Onboarding der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist wichtig. Manche haben Angst, dass KI Arbeitsplätze wegnimmt und da muss man ansetzen und sagen: KI hilft dir, deinen Arbeitsalltag zu strukturieren, nimmt dir Aufgaben ab, die repetitiv sind und soll dich in erster Linie unterstützen.
Das ist interessant, weil ich die gleiche Erfahrung gemacht habe. Für das Ocean Race haben wir ja hier eine digitale Content-Plattform aufgebaut – das Storydeck, auf dem dieses Interview veröffentlicht wird. Und Content Marketing ist ein Beispiel dafür, wie man Silos aufbricht und abteilungsübergreifend auf Basis eines Narrativs zusammenarbeitet. Das ist für viele einfach neu.
Anne: Dieses Mindset muss in einem Unternehmen geschaffen werden. Natürlich ist dann auch die Datenschutzkonformität im Unternehmen super wichtig. Das, was wir im Privaten spielerisch machen, muss dann im Unternehmen noch einmal sicherer stattfinden. Man muss sich im Unternehmen entscheiden, mit welchen Tools man wie arbeiten will. Aber dann kann es zum Beispiel erst einmal so etwas wie Textgenerierung sein. Wenn ich Kundenanfragen habe, kann ich mir meine standardisierten Antworten vorformulieren lassen. Oder man lässt sich ein bisschen Musik für den Shop generieren.
© Kiel-Marketing/Copilot
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„Denk dir etwas aus und die KI wird etwas daraus machen.“
Anne Böhm
Man kann mit KI auch komplexe Aufgaben bewältigen, Strategien, Kampagnen, Texte, Bilder entwickeln lassen. Entscheidend ist das richtige Prompting, also quasi das Briefing an die KI, damit die Ergebnisse passen. Zumindest kann ein gutes Momentum entstehen, auf dem man aufbauen kann.
Anne: Ja, klar. Man kann damit viel machen. Angenommen, du gehst in die Recherche und hast drei Dokumente und weißt nicht, mit welchem du anfangen sollst. Dann lässt du die KI durch die drei Dokumente scrollen und fragst sie, mit welchem du anfangen sollst, wenn das Thema XY ist. Man kann so viel damit machen, das ist das Tolle. Denk dir etwas aus und die KI wird etwas daraus machen. Du musst nur überprüfen, ob es deinen Erwartungen entspricht.
Ist euch eigentlich schon mal aufgefallen, dass auf jedem Kieler Autokennzeichen vorne „KI“ steht? Das heißt doch eigentlich, dass KI in den Genen der Kieler steckt. Vielleicht sollten wir daraus mal eine Kampagne machen. Aber jetzt steht erst einmal das Ocean Race Europe im August hier in Kiel an. Wie könnten aus eurer Sicht Digitalisierung und KI bei diesem Event in Kiel genutzt werden?
Anne: Also, als erstes fällt mir da der KielGutschein ein, unser digitales Zahlungsmittel für die lokale Wirtschaft, mit dem wir das Geld lokal in Kiel und der Region halten. Das wäre was für den ganzen Ocean Live Park an der Kiellinie.
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„Am Ende stehen wir alle an der selben Kiellinie!“
Anne Böhm
Ina: Ich fände es total spannend, wenn man als Besucher über Virtual Reality tatsächlich in so ein Ocean-Race-Boot einsteigen könnte. Man hat ja schon in Videos gesehen, wie wenig Platz auf den Booten ist. Es wäre cool, wenn man das als Besucher erleben könnte, auch wenn die Boote direkt an der Kiellinie stehen werden. Oder was es bedeutet, mit dieser Geschwindigkeit über die Meere zu fahren? Ich glaube, da fehlt vielen einfach die Vorstellungskraft.
Ich habe mir die wichtigste Frage bis zum Schluss aufgehoben. Wir veranstalten das ganze Event unter der Kiel-Storyline „Wir segeln alle im selben Boot“. Anne, wann machen wir den KI-generierten Song dazu?
Anne: Wir können direkt loslegen …
Ina: ...auch in anderen Sprachen. Wie cool. Das Ocean Race verbindet ja verschiedene europäische Länder!
Wir bleiben dran, würde ich sagen.
Ina: Ja – wir freuen uns alle riesig auf das Ocean Race Europe, egal ob wir direkt beteiligt sind oder nicht!
Anne: (lacht) Am Ende stehen wir alle an der selben Kiellinie!
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