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Meeresmanagement – Anspruch und Wirklichkeit
Nachhaltiges Meeresmanagement – eine Herkulesaufgabe
Der Mensch hat den Ozean in künstliche Zonen eingeteilt, um alleinige Besitzansprüche auf bestimmte Gebiete und ihre Ressourcen erheben zu können. Arten und Wassermassen wandern allerdings ebenso unbehelligt über die Zonengrenzen hinweg wie Wärme, Schadstoffe und Müll. Erfolgreiches Meeresmanagement braucht daher gemeinschaftliche Lösungen.
Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen bildet seit nahezu vier Jahrzehnten den völkerrechtlichen Rahmen für alle menschlichen Aktivitäten auf den Meeren und Ozeanen und legt somit den Grundstein für eine gemeinschaftliche Verwaltung des Ozeans. Es teilt die Gewässer in Meereszonen ein, regelt wer in den jeweiligen Gebieten welche Ansprüche auf das Meer und seine Ressourcen erheben darf, enthält Vorschriften zur Schifffahrt, zum Meeresbodenbergbau sowie zum Schutz der Meeresumwelt. Überdies fordert es alle Nationen zu regionaler und globaler Zusammenarbeit in Meeresfragen auf und gibt der Staatengemeinschaft vor, auf welche Weise Streitigkeiten zwischen Vertragsparteien beigelegt werden müssen.
In Industrieländern sowie auf internationaler Ebene mangelt es vielerorts an sektorenübergreifender Zusammenarbeit.
World Ocean Review
Abb.: Der Source-to-Sea-Ansatz berücksichtigt die vielen Stoffflüsse vom Land in das Meer und umgekehrt – und bindet daher alle Naturräume und Akteure landeinwärts in den Küsten- beziehungsweise Meeresschutz mit ein.
168 und damit die große Mehrheit der Staaten haben das Abkommen bislang ratifiziert und sich zu seiner Einhaltung verpflichtet. Dennoch belegt der aktuelle Zustand der Meere, dass die Staatengemeinschaft ihr Ziel einer nachhaltigen Nutzung bislang größtenteils verfehlt. Die Gründe sind vielschichtig: Entwicklungsländern fehlen häufig die notwendigen Strukturen, das Geld, das Fachwissen, das Personal sowie die technischen Mittel, um internationale Vorschriften oder Vereinbarungen national umzusetzen. In Industrieländern sowie auf internationaler Ebene mangelt es vielerorts an sektorenübergreifender Zusammenarbeit, wodurch Zielkonflikte entstehen und Maßnahmen weniger Wirkung zeigen als ursprünglich angenommen. Industrie und Wirtschaft wiederum nutzen immer noch juristische Schlupflöcher, um die eigenen Gewinne auf Kosten der Meeresumwelt zu maximieren.
Meeresschutz beginnt nicht erst am Küstensaum, sondern weit im Landesinnern.
World Ocean Review
Abb.: Die Wiederherstellung von Feuchtgebieten, Küsten- und Mangrovenwäldern kann eine wirkungsvolle Maßnahme sein, um besiedelte Küstengebiete vor Sturmfluten, steigenden Meerespegeln und Erosion zu schützen.
Aus: World Ocean Review Nr. 7, 2021, Hamburg.
Angesichts der erdumspannenden Auswirkungen des Klimawandels sowie der Biodiversitäts- und Verschmutzungskrise hat sich mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine Gesundung des Meeres nicht mehr allein durch Einzellösungen zu erreichen ist. Stattdessen werden auf allen Ebenen des Meeresmanagements integrative Ansätze benötigt. Das heißt, Programme zur Meeresnutzung müssen sektoren-, zonen- und oftmals auch grenzübergreifend geplant und in transparenten Prozessen mit allen Akteuren abgestimmt werden. Meeresschutz beginnt dabei nicht erst am Küstensaum, sondern weit im Landesinnern.
Entscheidungen zur Meeresnutzung sollten stets wissenschaftsbasiert getroffen und die Interessen der lokalen Bevölkerung berücksichtigt werden. Auf diese Weise kann zum Beispiel sichergestellt werden, dass innovative lokale Lösungen auf übergeordneter Ebene Gehör finden und anschließend vielerorts umgesetzt werden.
Subventionen für umweltgefährdende Aktivitäten sollten gestrichen und die Gelder für Projekte verwendet werden, in denen Meeres- und Küsten.kosysteme wiederhergestellt und Anwohner befähigt werden, diese zu pflegen und nachhaltig zu nutzen. Die größten Erfolge versprechen Maßnahmen, welche die marinen Lebensgemeinschaften stärken, gleichzeitig zum Klimaschutz beitragen und obendrein die Lebensbedingungen der lokalen Bevölkerung verbessern.
Die Meinungen über das Ausmaß des erforderlichen Wandels gehen auseinander. Während einige Fachleute eine Neuausrichtung des Wirtschafts- und Wertesystems für notwendig erachten, damit es gelingt, den menschengemachten Druck auf das Meer maßgeblich zu reduzieren, betonen andere, dass schon viel erreicht wäre, wenn bestehende Meeresvorschriften und -regelungen konsequent umgesetzt würden. Einfach aber wird es auf keinen Fall. Die Gesundung des Ozeans voranzutreiben, stellt eine ebenso große Herausforderung dar wie die Aufgabe, den Klimawandel einzudämmen – und beides muss Hand in Hand gehen, damit Mensch und Meer eine Zukunft haben.
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der maribus gGmbH.
Der mareverlag gründete 2008 die gemeinnützige Gesellschaft maribus, um die Öffentlichkeit für meereswissenschaftliche Zusammenhänge zu sensibilisieren und somit zu einem wirkungsvolleren Meeresschutz beizutragen. Kein kommerzieller Gedanke, sondern allein eine möglichst hohe Aufmerksamkeit für die Belange der Meere sollte im Vordergrund stehen. Der „World Ocean Review“ ist eine einzigartige Publikation über den Zustand unserer Meere und spiegelt den aktuellen Stand der Wissenschaft wider. Alle WOR-Ausgaben können hier kostenfrei bestellt oder als PDF heruntergeladen werden: https://worldoceanreview.com/de/
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