© Jana Koerth
MEERESLEUCHTEN
Schaum für die Ewigkeit
Ein geheimnisvoller Schaum an der Küste fasziniert Mensch und Tier gleichermaßen. Der Hund flieht und nähert sich diesem rätselhaften, glitzernden Phänomen. Doch was wie ein Spiel aussieht, birgt eine unheimliche Wahrheit: Der Schaum, der durch Algenblüten entsteht, ist Träger einer unsichtbaren Gefahr.
Es ist wohl eine Mischung aus Faszination und Furcht, mit der der Hund vor dem Schaum steht. Der bedeckt den halben Strand und wabert als dreidimensionales Gebilde langsam landeinwärts. Wenn eine Bö über ihn zieht, fliegen kleine Fetzen über den Schaumberg und der Hund flieht kurz, um sich den Flocken im nächsten Moment wieder zu nähern. In der Nähe des Meeres glitzert der Schaum, hinter dem Spülsaum ist er dagegen von einer grauen Schicht bedeckt.
Der faszinierende Meeresschaum entsteht durch den Zerfall einzelliger Algen. Oberflächenwellen brechen in Küstennähe, durch diese mechanische Wirkung bilden sich aus der gallertartigen Algenmasse und Luftblasen. Die Blasen sind so stabil, dass sie mit den Wellen an Land geschwemmt werden. Die Schaumalge „Phaeocystis globosa" zeichnet dafür verantwortlich, ein Naturphänomen also.
„PFAS gelten als Ewigkeitschemikalien, da sie in der Umwelt kaum abgebaut werden.“
Dr. Jana Koerth
In der wasserdichten Outdoorkleidung, die wir beim Betrachten des Schaums tragen, und genauso in der Bratpfanne, in der wir uns im warmen Haus ein Mahl zubereiten werden, stecken per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, kurz PFAS. Der Begriff steht für eine große Zahl chemischer Verbindungen, die Fett, Wasser und hohe Temperaturen abweisen können, und die heute in vielen industriellen Produkten enthalten sind.
PFAS gelten als Ewigkeitschemikalien, da sie in der Umwelt kaum abgebaut werden. Sie lösen sich nicht auf und können nicht verbrannt werden. Über die Nahrung nehmen wir PFAS auf. Die Anreicherung der Substanzen in unserem Körper wird mit der Entstehung einer Reihe von Krankheiten in Verbindung gebracht.
Die Belastung des Meerwassers durch PFAS ist sehr gering. Allerdings binden sich die Ewigkeitschemikalien besonders gut an den Meeresschaum. In jüngster Zeit sind wiederholt erhöhte Konzentrationen an verschiedenen Standorten an der Küste gemessen worden. Wie das Berühren des Schaumes wirkt, ist noch nicht abschließend geklärt – das muss zukünftig noch weiter erforscht werden.
Der Hundeschaum tanzt weiter. Vom Winde verweht in alle Richtungen, nicht nur im Meer, sondern auch an Land. Der Hund allerdings, dessen Wahrnehmung etwas schneller funktioniert als die seiner Menschen, hat etwas Anderes gesehen. Es ist wohl ein an Land gespültes Teil, das ein Stück weiter am Strand liegt. Hechelnd sprintet er dorthin, um sich gleich darin zu wälzen, man ahnt es schon, es wird kein New Style Sashimi sein.
Dr. Jana Koerth
... ist Referentin für Meeresschutz bei der Landeshauptstadt Kiel. Sie ist besonders interessiert an den vielfältigen Interaktionen zwischen Meer und Mensch. Hier zeigt sie Augenblicke dieser Interaktionen.
Website:
© Dr. Jana Koerth
Artikelrechte erwerben