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MEERESLEUCHTEN
Das sanfte Schwingen des Seegrases
Seegraswiesen bieten Lebensraum für zahlreiche Tiere und spielen eine Schlüsselrolle im Klimaschutz. Ein kurzer Tauchgang in eine der wertvollsten und zugleich fragilsten Naturlandschaften unserer Küsten.
Eine Welt aus schwingenden Lianen, die sich nach oben recken, dem Licht entgegen. Grüne, dünne und teils sehr lange Halme, die sanft schaukeln, sie könnten Teil einer Illustration sein. Viele sind es, dicht an dicht, auf engem Raum. Als die Taucherin sich nähert, sieht sie schon die ersten Mitglieder der Gemeinschaft, die in dieser Welt leben.
Gleich vorne hängen Heringseier an einzelnen Halmen, daneben auf einer Lichtung segmentiert eine Strandkrabbe akribisch ihre Beute, einige Zentimeter weiter bewegt sich ein Schlangenstern mit seinen fünf Armen und voller Elan über den Sandboden. Weiter hinten könnte die Nadel eines Hornhechts aus dem Dickicht gucken, doch sie verschwindet gleich wieder. Das Grün schwingt unentwegt, es ist freundlich hell im flachen Wasser.
© Jana Koerth
„Die Funktionen von Seegras sind vielfältig und ihre Wirkung evident.“
Dr. Jana Koerth
An den Küsten weltweit sind in den letzten Jahrzehnten große Teile der Seegrasbestände zurückgegangen, teils durch den Befall von Parasiten und durch Krankheiten, teils durch einen immer größer werdenden Nutzungsdruck, verursacht durch den Menschen.
Doch es lohnt sich, Seegras zu schützen und wieder her zu stellen. Die Funktionen von Seegras sind vielfältig und ihre Wirkung evident. Der Lebensgemeinschaft bietet das Seegras Schutz vor Fressfeinden und Nesträubern. Die Tiere finden hier Nahrung, nicht nur die Biomasse des Grases selbst, sondern auch weiteres leckeres Futter, bedingt durch die große Biodiversität in der Wiese. Seegras produziert Sauerstoff, gibt diesen an seine Wasserumgebung ab und trägt damit einen Teil zur Reduzierung von Sauerstoffarmut bei. Das Seegras speichert sowohl in den Blättern als auch in den unterirdischen Rhizomen Kohlendioxid. Es gilt als bedeutende CO2-Senke, da es das Treibhausgas vergleichsweise schnell aus der Atmosphäre zieht. Seegraswiesen sichern durch die Reduzierung der Wellenenergie den Boden vor Abtrag und haben daher darüber hinaus sogar eine Küstenschutzfunktion. Auch haben funktionierende Küstenbiotope wie Seegraswiesen eine kulturelle Bedeutung, stiften sie nicht nur bei schnorchelnden Personen, sondern auch beim Strandspaziergängern Identifikation. Wir leben in einer Zeit, in der Ökosysteme Dienstleistungen erbringen. Schützen wir den Meeresbodenurwald darüber hinaus auch um seiner selbst willen.
Dr. Jana Koerth
... ist Referentin für Meeresschutz bei der Landeshauptstadt Kiel. Sie ist besonders interessiert an den vielfältigen Interaktionen zwischen Meer und Mensch. Hier zeigt sie Augenblicke dieser Interaktionen.
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