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MEKUN: Interview mit Philipp Schubert, Seegrasforscher
Lebendige CO₂-Speicher im Meer – Wie Seegras und Algen beim Klimaschutz helfen können

 

Moin, ich bin Rolf Karez, ich bin Meeresbiologe und arbeite im Landesamt für Umwelt (LfU) SH. Dort bin ich für Seegräser und Großalgen zuständig. Die sind in aller Munde, weil sie vielleicht zur Abmilderung des Klimawandels beitragen könnten. Darüber spreche ich mit Philipp Schubert, einem Seegrasforscher vom GEOMAR.

Philipp Schubert

Philipp Schubert

Seegrasforscher am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung, Kiel

Philipp Schubert: Ja, moin, moin Rolf. Genau, ich forsche inzwischen seit 15 Jahren an Seegras hier in der Ostsee.

Und wir beide freuen uns, dass die Bundesregierung das Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz (ANK) aufgesetzt hat. Das ist ein großes Programm, durch das ganz verschiedene Lebensräume, und eben auch Lebensräume im Meer, geschützt und gefördert werden. Einmal, weil sie wichtig für die Biodiversität sind, aber auch, weil sie wahrscheinlich Kohlenstoffdioxid (CO2) speichern können. Das soll jetzt erforscht werden. Schleswig-Holstein hat fünf Projekte eingereicht, von denen das LfU drei betreut.

Das sind die Projekte ZOBLUC, FUBLUC und LABLUC, die sich mit verschiedenen Pflanzen in der Ostsee und bei Helgoland beschäftigen. Und Philipp, du arbeitest bei ZOBLUC, ZO von Zostera, das ist nämlich der lateinische Name für Seegras.

Genau.

ZOBLUC hat jetzt ganz neu gestartet. Worum geht es da?

 

ZOBLUC ist ein ANK-Projekt zum Speicherpotenzial von Seegras für CO2.
Dazu müssen wir uns erstmal anschauen, wo es überhaupt überall Seegras bei uns an der Küste gibt und zwar auf einem ganz neuen Level, mit Fernerkundung, also vom Satelliten, von der Drohne aus und auch noch mit akustischen Methoden vom Schiff aus. Ein Multi-Beam nennt sich das, wo wirklich der Meeresboden abgeschallt wird und geguckt wird, wo gibt es überall Seegras und das wird noch mit Kameras ergänzt. Und dann entsteht daraus hoffentlich ein ganzheitliches Bild, wo überall Seegras ist und wie sich das Seegras im Jahresverlauf und auch zwischen den Jahren so entwickelt. Die Kartierung ist der erste Pfeiler.

Zusätzlich schauen wir uns aber auch an, wie eigentlich unter Seegraswiesen CO2 gespeichert wird. Denn Seegraswiesen gelten als die Moore des Meeres. Sie sind bekannt dafür, dass sie sehr gut CO2 speichern, aber wie genau und zum Beispiel von welchem Ursprung dieses CO2 kommt - also kommt das aus den Seegraswiesen selbst oder kommt es aus dem Plankton oder aus dem umgebenden Wasser und wird nur in Seegraswiesen absedimentiert – das muss noch erforscht werden und auch wie die Speicherung genau funktioniert.

„Insgesamt muss man auch die Speicherfähigkeit betrachten. Wird das CO2 auf lange Sicht gespeichert? Einerseits speichern Algen den Kohlenstoff, aber was passiert, wenn die Algen absterben? Dann wird das CO2 exportiert, aber wohin?“

Philipp Schubert

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Jetzt gibt es auch noch zwei Braunalgenprojekte. Wie tragen denn Braunalgen zur CO2-Speicherung bei?

Insgesamt muss man auch die Speicherfähigkeit betrachten. Wird das CO2 auf lange Sicht gespeichert? Einerseits speichern Algen den Kohlenstoff, aber was passiert, wenn die Algen absterben? Dann wird das CO2 exportiert, aber wohin? Und darum geht es in den Projekten LABLUC und FUBLUC. Da geht es um zwei Großalgenarten, einmal Fucus (für FU in FUBLUC) und einmal Laminarien (für LA in LABLUC). Fucus ist der Blasentang und Laminarien sind Kelparten, die gibt es bei uns in Deutschland nur auf Helgoland. Und wohin werden die exportiert, diese riesigen Mengen an Algen-Biomasse? Sie können in tiefe Becken abtransportiert werden, wo Schlick ist oder so und dort dann auch der Atmosphäre entzogen sein. Oder sie können auch an Land geworfen werden. Das passiert regelmäßig nach Stürmen. Und da muss man sich dann genau anschauen, wie viel Kohlenstoff in welche Richtung exportiert wird.

Seegras

© C.Howe

„Wir wollen die Algenwälder und die Seegraswiesen unbedingt als das erhalten, was sie sind: nämlich CO2-Speicher und auch Biodiversitäts-Hotspots.“

Philipp Schubert

Seegras

© C.Howe

Und das soll jetzt alles erforscht werden. Und wenn sich dann herausstellt, dass das tatsächlich wichtige Speicher sind: Was kann man denn tun, um diese Algenwälder und auch die Seegraswiesen zu schützen und vielleicht sogar zu vermehren?

Das Allerwichtigste ist natürlich, wie du schon sagst, sie zu schützen. Wir wollen die Algenwälder und die Seegraswiesen unbedingt als das erhalten, was sie sind: nämlich CO2-Speicher und auch Biodiversitäts-Hotspots. Das heißt also, das Wichtigste ist erst mal ein effektiver Schutz für diese Ökosysteme.

Doch in der Vergangenheit haben wir Seegraswiesen verloren und auch Algenwälder. Und da müssen wir dann dafür sorgen, dass diese wiederkommen. Dafür gibt es auch ein neues Gesetz auf EU-Ebene, das eben jetzt auch verlangt, dass Ökosysteme wiederhergestellt werden, wenn sie verloren gegangen oder beeinträchtigt sind.

Okay, diese drei Projekte fangen jetzt gerade erst an. Die gehen jetzt drei bis fünf Jahre je nach Projekt weiter. Wer sich über den weiteren Verlauf informieren möchte, ...

der kann das natürlich online tun, zum Beispiel über Seegraswiesen unter Seegraswiesen.de, da haben wir eine Internetseite aufgesetzt. Und die anderen Projekte bekommen sicher auch eine Internetseite, die man unter FUBLUC oder LABLUC suchen und finden wird. Aber die sind gerade erst gestartet. Es ist also brandaktuell gerade.

Alles klar, vielen Dank Philipp.

Ja, bitteschön.

Dieser Text gibt nur einen stark gekürzten Auszug aus dem Original-Interview wieder.

Hört gerne hier rein!