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MEKUN: Schutz der Meere
Auf gute Fahrt im Wattenmeer – die Nordsee-Befahrensverordnung
Die Nordsee ist nicht nur ein Lebensraum für unzählige Tier- und Pflanzenarten, sondern auch eine stark genutzte Bundeswasserstraße. Nutzung und Naturschutz treffen hier aufeinander – und genau deshalb gibt es Regeln, die für Ordnung sorgen. Eine der wichtigsten: die Nordsee-Befahrensverordnung.
„Nationalpark“ und „Bundeswasserstraße“ – das Wattenmeer ist beides. Es ist behördliche Aufgabe, den Schutz dieses Ökosystems zu gewährleisten, das zugleich als Verkehrsgebiet für die Schifffahrt dient und ein beliebtes Revier für den Wassersport ist. Das rechtliche Lenkungsinstrument dafür ist die Nordsee-Befahrensverordnung: Sie ist eine Regelung des Bundesverkehrsministeriums, die in der Nordsee vor Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein gleichermaßen gilt.
Was regelt die Verordnung?
Die Nordsee-Befahrensverordnung legt in den Nationalparken ähnlich wie die Straßenverkehrsordnung an Land fest, wie, wann und wo welche Wasserfahrzeuge bestimmte Gebiete befahren dürfen. Sie ist ein Kompromiss, um Natur und Mensch in Einklang zu bringen und potentielle Störungen zu minimieren, die sich aus dem Befahren der Wattenmeer-Nationalparke mit Wasserfahrzeugen ergeben können. Wie auch auf der Straße gilt: nicht alles und nicht jedes Tempo ist erlaubt, um sensible Ökosysteme und insbesondere Arten wie Robben, Schweinswale und Wasser- und Watvögel zu schützen.
Für Sportarten wie Kitesurfen oder Wingfoilen stehen bestimmte Bereiche zur Verfügung. In Schleswig-Holstein sind dies 22 Spots mit einer Gesamtfläche von knapp 13.000 ha.
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Räumliche Beschränkungen:
• Die besonders schutzbedürftigen Bereiche der Schutzzone 1 werden als Allgemeine Schutzgebiete bezeichnet. Das Trockenfallen und der sonstige Aufenthalt innerhalb der Allgemeinen Schutzgebiete ist nur an sogenannten Ausstiegs- und Aufenthaltsstellen erlaubt.
• Besondere Schutzgebiete sind Bereiche, die vor allem dem Robben- und Vogelschutz dienen. Diese Gebiete dürfen während der jeweiligen Schutzzeiten nur innerhalb der gekennzeichneten Fahrwasser befahren werden, um den Tieren eine möglichst ungestörte Brut, Rast, Mauser, oder Jungenaufzucht zu ermöglichen.
• Im Bereich der Schutzzone 2 ist das Trockenfallen überall zulässig.
Geschwindigkeitsbeschränkungen:
• Im äußeren Bereich der Nationalparke gilt grundsätzlich eine Höchstgeschwindigkeit von 16 kn (1 Knoten = 1,85 Kilometer pro Stunde). Für gewerbliche Fahrzeuge sind bestimmte Schnellfahrkorridore eingerichtet, in denen bis zu 24 kn schnell gefahren werden darf. Eine Übersicht bietet die dynamischen Karte.
• Im inneren Bereich – im Wesentlichen die Bereiche des Wattenmeeres zwischen dem Festland und den Inseln und Halligen – gilt die Regelgeschwindigkeit von maximal 12 kn. Innerhalb von Fahrwassern darf bis zu 16 kn schnell gefahren werden. Soweit Besondere Schutzgebiete auch außerhalb bestimmter Schutzzeiten abseits der Fahrwasser befahren werden dürfen, gilt die Höchstgeschwindigkeit von 8 kn.
Für Sportarten wie Kitesurfen oder Wingfoilen stehen bestimmte Bereiche zur Verfügung. In Schleswig-Holstein sind dies 22 Spots mit einer Gesamtfläche von knapp 13.000 ha. Eine Übersicht der einzelnen Kitesurfspots und deren spezieller Regelungen findet sich ebenfalls in der Karte.
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Aktualisierte Befahrens-Regelungen für die Nordsee
Die geltende Verordnung wurde im Jahr 2023 erlassen. Die Neufassung geht auf einen gemeinsamen Vorschlag der drei Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hamburg zurück, der aufbauend auf regionalen Gesprächsrunden zwischen den zuständigen Behörden, Wassersportorganisationen, der Schifffahrt und Naturschutzverbänden erarbeitet wurde.
Grund für die Neufassung sind Erweiterungen der Nationalparke in den letzten 30 Jahren, die Berücksichtigung neuer Wassersportarten sowie die dynamische Entwicklung im Wattenmeer: Robben- und Schutzgebiete sollten natürlich dort liegen, wo sich die Tiere wirklich aufhalten.
Warum ist die neue Befahrensverordnung ein Kompromiss?
Das Wattenmeer hat aufgrund seiner Besonderheit die Auszeichnung als UNESCO-Weltnaturerbe erhalten und bedarf daher eines besonders hohen Schutzes. Hier leben, urlauben und wirtschaften aber auch Menschen und regionale Unternehmen mit ihren vielfältigen Ansprüchen. Dazu zählen eine gute Erreichbarkeit der Inseln und Halligen per Schiff.
Während nun Naturschützer nach strengeren Vorschriften riefen, die auch aufgrund gesetzlicher Vorgaben, z.B. im Nationalparkgesetz, umgesetzt werden müssen, wurden andererseits wirtschaftliche Einbußen befürchtet. Auch Wassersportlerinnen und Wassersportler beklagten Einschränkungen ihrer Freiheit.
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Warum ist die Verordnung trotzdem so wichtig?
Trotz aller Kontroversen ist die Befahrensverordnung ein entscheidender Schritt zum Schutz der Nordsee. Ohne klare Regeln leidet das Wattenmeer. Die Balance zwischen Nutzung und Erhalt ist schwierig, doch langfristig profitieren alle davon. Die Natur bleibt erhalten, Tourismus bleibt nachhaltig möglich und die Schifffahrt wird klüger gelenkt. Die Regelungen sind zudem verständlicher und handhabbarer als in der alten Verordnung.
Die Nordsee-Befahrensverordnung zeigt, wie komplex es ist, Meeresgebiete zu verwalten. Doch sie ist eine Chance: Eine Chance, die Nordsee für kommende Generationen als einzigartigen Lebensraum zu bewahren und deren Erlebbarkeit auf dem Wasser weiterhin zu ermöglichen.
Digitale Karte zur Nordsee-Befahrensverordnung mit Zoomfunktion
https://www.nationalpark-wattenmeer.de/wissensbeitrag/befahrensverordnung-karte/
Text der Nordsee-Befahrensverordnung
https://www.gesetze-im-internet.de/nordsbefv/
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