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WORLD OCEAN REVIEW: Die Idee von der Begrünung des Ozeans
Künstlicher Auftrieb – Prädikat: „nur bedingt nützlich“
Algen, Zooplankton und Fische gehören zu den Schlüsselakteure der biologischen Kohlenstoffpumpe. Damit diese allerdings optimal funktioniert, braucht es Nährstoffe, die vielerorts fehlen, zumindest im lichtdurchfluteten Oberflächenwasser. Durch das Heraufpumpen nährstoffreichen Tiefenwassers könnte dieser Nährstoffmangel behoben werden. Ob ein solcher Schritt die natürliche Aufnahme von Kohlenstoff durch das Meer tatsächlich steigern würde, ist ungewiss.
Als künstlicher Auftrieb werden Verfahren bezeichnet, die darauf abzielen, nährstoffreiches Tiefenwasser an die Meeresoberfläche zu transportieren, um dort das Wachstum mikroskopisch kleiner Algen und somit die biologische Kohlenstoffpumpe des Ozeans zu verstärken. Diese würde einen gewissen Anteil der nun neu gebildeten Biomasse in den Tiefen des Ozeans einlagern und den darin enthaltenen Kohlenstoff für einige Jahrzehnte bis Jahrhunderte wegschließen.
Ein hohes Maß an Ungewissheit gibt es zudem auch darüber, mit welchen technischen Mitteln künstlicher Auftrieb in einem klimarelevanten Maßstab erzeugt werden kann.
World Ocean Review
Dieses Konzept geht jedoch nur dann auf, wenn durch die zusätzliche Biomasseproduktion mehr Kohlendioxid gebunden und in die Tiefe verlagert wird, als durch das Emporpumpen des zumeist kohlendioxidreichen Tiefenwassers an die Meeresoberfläche in die Atmosphäre entweicht – eine Anforderung, die vermutlich nur unter ganz bestimmten Bedingungen erfüllt werden kann, weshalb das Potenzial einer zusätzlichen Kohlendioxid-Entnahme eher gering ist.
Abb.: Künstlicher Auftrieb lässt sich durch unterschiedliche Verfahren erzeugen. Eine Idee ist, schlauchähnliche Wellenpumpen im Meer auszusetzen. Sie besitzen am oberen Ende einen Schwimmkörper, der im Rhythmus der Wellen auf- und absteigt. Seine Bewegung wird auf einen Wasserheber im Aufstiegsschlauch übertragen, der das Tiefenwasser dann an die Meeresoberfläche hievt.
Ein hohes Maß an Ungewissheit gibt es zudem auch darüber, mit welchen technischen Mitteln künstlicher Auftrieb in einem klimarelevanten Maßstab erzeugt werden kann, welche Risiken die Verfahren für die Meeresumwelt mit sich bringen – hier vor allem für die zahlreichen Lebensgemeinschaften in mittlerer und großer Tiefe des Ozeans – sowie welche regulatorischen Rahmenbedingungen für einen großflächigen Einsatz benötigt werden würden, gerade weil der Einsatz vieler Pumpen andere Formen der Meeresnutzung vermutlich stark einschränken würde.
Abb.: Mit dieser Anlage, bestehend aus einer solarstrombetriebenen Plattform, Luftschläuchen und vielen Düsen, ist es chinesischen Wissenschaftlern gelungen, in einer überdüngten Meeresbucht nährstoffreiches Tiefenwasser an die Meeresoberfläche zu befördern. Dort wuchsen im Anschluss nicht nur die angebauten Großalgen besser, zeitgleich nahm auch die Überdüngung des Wassers ab.
Aus: World Ocean Review Nr. 8, 2024, Hamburg.
Sinnvoll und wirtschaftlich lohnenswert erscheint ein Einsatz von künstlichem Auftrieb bislang nur als Hilfsmittel in der Großalgenzucht. Der künstlich erzeugte Nährstoffeintrag aus der Tiefe steigert dabei das Wachstum der Großalgen und trägt dazu bei, dass diese mehr Kohlendioxid aufnehmen und mehr Kohlenstoff in ihrer Biomasse binden.
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der maribus gGmbH.
Der mareverlag gründete 2008 die gemeinnützige Gesellschaft maribus, um die Öffentlichkeit für meereswissenschaftliche Zusammenhänge zu sensibilisieren und somit zu einem wirkungsvolleren Meeresschutz beizutragen. Kein kommerzieller Gedanke, sondern allein eine möglichst hohe Aufmerksamkeit für die Belange der Meere sollte im Vordergrund stehen. Der „World Ocean Review“ ist eine einzigartige Publikation über den Zustand unserer Meere und spiegelt den aktuellen Stand der Wissenschaft wider. Alle WOR-Ausgaben können hier kostenfrei bestellt oder als PDF heruntergeladen werden: https://worldoceanreview.com/de/
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