© Niklas Reinert
MEERESLEUCHTEN
Das Tor zur Ostsee
Ihr Blick schweift durch die bunten Straßen mit ihren Buden, der Kleinkunst und den vielen Menschen. Während der Kieler Woche herrscht hier buntes Treiben. Am Ende der Straße bewegt sich noch etwas. Ein Haus schiebt sich durch die Stadt. Das kann doch nicht wahr sein! Ihre Kieler Freundin beruhigt sie: Eine der großen Fähren nach Skandinavien legt gerade von ihrem Liegeplatz in der Innenförde ab.
Durch die Standorte der Kaianlagen mitten in der Kieler Innenstadt verschmelzen die großen Fähren und Kreuzfahrtschiffe mit der Silhouette der Stadt. Wenn sich die fahrenden Häuserblocks aus der Stadt herauslösen, erzählt sie ihr, dann kommt immer dieses Gefühl in ihr hoch, diese seltsame Mischung aus Heimatverbundenheit und Fernweh.
Für Kiel ist die Schifffahrt nicht nur Teil der Identität, sondern auch ein Wirtschaftsfaktor. Die Vorteile sind unbestreitbar: Die Schifffahrt ermöglicht den breiten internationalen Austausch von Gütern und Kulturen, verkürzt Wege, treibt den Tourismus in der Region voran und schafft Arbeitsplätze an Land und auf dem Wasser. Die Schiffe, die täglich in Richtung Skandinavien und Baltikum ablegen, sind für viele Kieler*innen ein vertrauter Anblick. Die Möglichkeit, mal eben nach Göteborg, Oslo, Klaipėda oder gar auf Kreuzfahrt durch die ganze Ostsee zu fahren, macht das Leben in einer Hafenstadt besonders lebendig und erweitert buchstäblich den eigenen Horizont.
„Die ökologische Dimension der Meeresnutzung durch die Schifffahrt gerät in diesem Kontext jedoch oft ins Hintertreffen.“
Niklas Reinert
Die ökologische Dimension der Meeresnutzung durch die Schifffahrt gerät in diesem Kontext jedoch oft ins Hintertreffen. Die Schifffahrt trägt erheblich zu den CO₂-Emissionen auf den Meeren und an den Küsten bei. Die Einleitung von Schadstoffen in die Ostsee gefährdet die fragile marine Umwelt, die in einem geschlossenen Gewässer wie der Ostsee besonders leicht aus dem Gleichgewicht geraten kann. Auch der Lärm, der durch den Schiffsverkehr erzeugt wird, kann das Verhalten von Meerestieren beeinträchtigen.
Blue Port Kiel
Blue Port Kiel ist ein Nachhaltigkeitskonzept des Seehafens Kiel, das darauf abzielt, den Hafen bis 2030 klimaneutral zu gestalten.
Ihre Freundin erzählt ihr, dass Kiel und viele andere Städte und Länder an der Ostsee sich bereits den ökologischen Herausforderungen stellen. Eine Lösung besteht in der verstärkten Nutzung von Landstromanlagen. Diese ermöglichen es Schiffen, während ihres Aufenthalts im Hafen auf eine umweltschonende Stromversorgung zurückzugreifen. Der Einbau von sogenannten Scrubbern kann zusätzlich Schadstoffe aus den Abgasen filtern und so die Luftqualität verbessern. Durch den Einsatz innovativer Kraftstoffe, die auf Wasserstoff oder Biokraftstoffen basieren, könnte der CO₂-Ausstoß erheblich reduziert werden.
Schließlich ist auch das bewusste Reisen entscheidend: Sowohl Passagiere als auch Reedereien müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein und umweltfreundliche Entscheidungen treffen. So wie auch in anderen Teilen des Lebens. So kann das Fernweh mit dem Schutz unserer Umwelt und unseres Zuhauses in Einklang gebracht werden und die Ostsee auch für zukünftige Generationen bewahrt werden.
Niklas Reinert
… ist gebürtiger Kieler und arbeitet im Pressereferat der Landeshauptstadt. Seine Verbundenheit mit Skandinavien und den Ostseeanrainern, geprägt durch ein Skandinavistikstudium und zahlreiche Reisen gen Norden, beeinflusst seinen Blick auf die Förde und seine Heimatstadt. Die Nähe zur See und der Austausch mit dem Norden sind für ihn prägende Elemente des Kieler Lebensgefühls.
© Niklas Reinert
Artikelrechte erwerben