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IHK Schleswig-Holstein
Wenn der Schlick zu viel wird
Die Verschlickung an der Nordseeküste und in der Tideelbe mit ihren Nebenflüssen stellt für Schleswig-Holstein eine zunehmende Herausforderung dar. Besonders betroffene Regionen sind die Unterelbe zwischen Brunsbüttel und Hamburg sowie die Mündungsbereiche kleinerer Flüsse wie der Stör, Krückau oder Pinnau. Auch die Marschhäfen und Marinas entlang der Küste haben mit Versandung und Schlickablagerungen zu kämpfen. Die Folgen reichen von betrieblichen Einschränkungen über wirtschaftliche Einbußen bis hin zu sicherheitsrelevanten Problemen.
Die Ursachen der zunehmenden Verschlickung sind vielschichtig:
• Natürliche Sedimentdynamik: Die Gezeiten bringen regelmäßig Sedimente in die Flüsse und Küstengewässer. Durch veränderte Strömungsmuster lagern sich diese Sedimente in Häfen, Fahrrinnen und Marinas vermehrt ab.
• Klimawandel und Meeresspiegelanstieg: Häufigere Sturmfluten, veränderte Abflussverhältnisse aus dem Binnenland und ein Anstieg des Meeresspiegels verstärken den Sedimenteintrag.
• Bauliche Eingriffe: Fahrrinnenvertiefungen, Hafenanlagen, Sperrwerke und Deiche greifen in das natürliche System ein und verändern Strömungen, was Sedimenttransportprozesse beeinflusst.
• Verringerte Fließgeschwindigkeit: Insbesondere in den Nebenflüssen führt eine geringere Wasserführung zu einer Ablagerung von Schwebstoffen.
Die Folgen der Verschlickung für Sportboothäfen sind gravierend:
• Einschränkungen der Nutzbarkeit: Boote können nur noch bei Hochwasser ein- und auslaufen oder bleiben ganz ausgesperrt.
• Sicherheitsrisiken: Untiefen und schlechte Sichtbarkeit von Schlickfeldern erhöhen das Risiko für Grundberührungen.
• Wirtschaftliche Verluste: Charterunternehmen, Hafenbetreiber und Gastronomie verlieren Einnahmen, wenn Gäste ausbleiben oder Liegeplätze gekündigt werden.
• Kosten für Baggerungen: Regelmäßiges Ausbaggern ist kostenintensiv und für viele kleinere Hafenbetreiber finanziell nicht tragbar.
Einige Marinas mussten bereits die Wassertiefe reduzieren, Liegeplätze aufgeben oder gar den Betrieb einstellen. Besonders kritisch ist die Lage für tideabhängige Häfen ohne eigene Spültechnik.
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Die IHK Schleswig-Holstein, Hafenbetreiber, Kommunen und Verbände diskutieren und erproben verschiedene Strategien, um der Verschlickung zu begegnen:
• Regelmäßige Unterhaltungsbaggerungen: Der klassische Ansatz bleibt notwendig, ist jedoch teuer und vielfach an Genehmigungsauflagen gebunden.
• Spültechnik und Sedimentmanagement: Moderne Spülanlagen, Tidefenster-Nutzung und gezielte Umlagerung können helfen, Sedimente innerhalb des Systems zu halten. Pilotprojekte erproben zirkuläre Sedimentwirtschaft.
• Naturnahe Lösungen: Ökologische Renaturierungsmaßnahmen, Wiederherstellung von Flutwatten oder die Aufweitung von Uferzonen können Strömungen wieder natürlicher lenken.
• Anpassung der Infrastruktur: Steganlagen mit größerem Tiefgang, flexible Schwimmstege oder neue Zufahrtskonzepte können helfen, die Nutzbarkeit zu verbessern.
• Kooperation und gemeinsame Finanzierung: Regionale Hafengemeinschaften, Landesförderprogramme und EU-Mittel können gebündelt werden, um Wirtschaftlichkeit zu erhöhen.
• Wissenschaftliche Begleitung: Monitoring, Modellierungen und technische Innovationen (z. B. satellitengestützte Sedimentbeobachtung) bieten wichtige Entscheidungsgrundlagen.
Die Verschlickung in den Nordsee- und Elbregionen Schleswig-Holsteins ist ein komplexes Problem mit großen Auswirkungen auf Marinas, Wassersport und regionale Wertschöpfung. Ohne koordinierte Gegenmaßnahmen droht vielen kleineren Häfen die mittelfristige Aufgabe. Es braucht ein strategisches Sedimentmanagement, technologische Innovation und politische Unterstützung, um maritime Infrastruktur langfristig zu erhalten. Besonders wichtig ist der Dialog zwischen Wissenschaft, Hafenbetreibern, Tourismuswirtschaft und Verwaltung, um nachhaltige und praktikable Lösungen zu entwickeln.
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