© ACO

InterviewPartnerTeamspiritMeeresschutzSegeln

Interview mit Hans-Julius Ahlmann, Geschäftsführender Gesellschafter der ACO Gruppe
„In einem Unternehmen geht es immer darum, Tradition und Moderne zusammenzuführen.“

 

Beim The Ocean Race Europe wird die „Carmelan“, ein Traditionsegler, der mithilfe von ACO restauriert und mit modernster Technik versehen wurde, an der Reventloubrücke liegen. Hans-Julius Ahlmann, Gesellschafter bei ACO, berichtet uns von dieser fast persönlichen Verbindung und darüber, was ein Traditionsschiff und Familienunternehmen gemeinsam haben. Über Schwarmintelligenz, philosophische Fähigkeiten und den Wert „Begeisterung“ kommen wir zum eigentlich wichtigen: Make the world a better place.

Hans-Julius Ahlmann

Hans-Julius Ahlmann

Geschäftsführender Gesellschafter der ACO Gruppe

Die „Carmelan“ und ACO haben eine enge Verbindung. Wie kam es eigentlich zu dieser Liaison zwischen einem Familienunternehmen und einem Traditionssegler?

Die Carmelan ist vor fast 30 Jahren bei uns am Ufer aufgeschlagen und hat dort festgemacht. Unrechtmäßigweise. Als Eigentümer des Ufers war ich erbost und habe herübergerufen: „Was machen Sie denn hier?” Der Mann an Bord war aber so nett und das Schiff so schön, dass wir uns innerhalb von Minuten angefreundet haben. Ich habe dann einen Steg gebaut, sodass die Carmelan dort liegen konnte und sie zu einem Wahrzeichen unseres Betriebes geworden ist, obwohl sie uns gar nicht gehörte. Als der Mann starb, wollten sich die Töchter nach 20 Jahren von dem Schiff trennen und wir haben die Chance ergriffen. Es war bereits eine ziemliche Verrottung eingetreten, aber wir haben des übernommen, denn wir wollten unser jahrelanges Wahrzeichen hier nicht verlieren. Das ist also schon eine enge Verbindung, eine nahezu persönliche Verbindung, die wir da haben.

Ich sehe eine Analogie zwischen einem Traditionssegler, der nun mit modernster Technik ausgestattet ist, und einem Familienunternehmen mit langer Tradition, das jetzt Watertech-Lösungen auf allerhöchstem technischen Niveau anbietet.

Das ist ein sehr hübsches Gleichnis. Natürlich muss man darauf achten, dass man – bildlich gesprochen – kein Familienunternehmen mit Südwester auf dem Kopf und einer alten Kapitänspfeife im Mund ist. In einem Unternehmen geht es immer darum, Tradition und Moderne zusammenzuführen. Ein solches Gleichnis hat jedenfalls seinen Charme.

Familienunternehmen denken nicht in Quartalen, sondern planen für Generationen. Oftmals gibt es eine enge Bindung der Mitarbeitenden zu dem Unternehmen. Das hat natürlich mit Führung und Haltung zu tun, oder wie man in Norddeutschland sagt: „Der Fisch stinkt vom Kopf.“ Sind Familienunternehmen die besseren Unternehmen, wenn es um langfristige Planung und den Erhalt von Arbeitsplätzen geht?

Das lässt sich nicht verallgemeinern, denn es kommt auf die Qualität der Familienunternehmer und ihrer Nachfolge an. Wenn es gute Familienunternehmer sind und die Nachfolge gut geregelt ist, kann man das aber wohl so sagen. Davon bin ich fest überzeugt. Wenn die Nachfolgeregelung jedoch aus verschiedensten Gründen schwierig wird – zum Beispiel aufgrund von Streitigkeiten in der nächsten Generation, was ja oft genug der Fall ist –, dann sind Familienunternehmen die schlechteren Unternehmen. Die Frage wäre jetzt: Wie viel schlechter und wie viel bessere gibt es? Ich glaube, dass es in der Mehrzahl die besseren Unternehmen sind.

Carmelan

© ACO

Die „Carmelan“ an der Pier des Unternehmens ACO in Büdelsdorf – beim The Ocean Race Europe in Kiel liegt sie an der Reventloubrücke

Es gab einmal eine schöne Schlagzeile für das Unternehmer-Magazin: „Manager managen was, Unternehmer unternehmen was“.

Ich denke, das passt in dieses Bild. Dazu kommt, dass ein Familienunternehmen mit seinen Eigentümern, wenn es Glück hat, über Generationen hinweg an einem Ort sitzt. Diese Bindung zu dem Ort wird mit der Zeit immer stärker. Da haben schon die Großeltern und Urgroßeltern an diesem Ort etwas gestiftet und aufgebaut: ein Altenheim, eine Psychiatrie oder, wie in unserem Fall, ein Museum und die NordArt, die inzwischen zu den größten Kunstausstellungen Europas gehört. Diese Bindung führt zu etwas, das die Menschen in der Region mögen. Sie fühlen sich geborgen und denken: „Die gehören zu uns.“ Anders als große Konzerne verteilen sich Familienunternehmen zudem auf die gesamte Fläche Deutschlands. Das sind nicht nur Berlin, Frankfurt oder München. Sie sitzen in Künzelsau, Mettlach oder Büdelsdorf. Diese Städte werden von den Familienunternehmen unglaublich aufgewertet und lebenswerter gemacht.

© ACO

Die NordArt wird übrigens auch in einem anderen ACO-Artikel auf diesem Storydeck erwähnt, in dem es um Sichtbarkeit in der Region geht.

Die NordArt würde es jedenfalls nicht geben, wenn es hier kein Familienunternehmen gäbe, so viel steht fest. Wir sind ja auch Sitz der Orchesterakademie des Schleswig-Holstein Musikfestivals. Die gäbe es hier ebenfalls nicht ohne ein Familienunternehmen, das sagt: „Wir renovieren mal die alte Holzhändlerhalle für drei Millionen.“ Familienunternehmen sind in der Region und in kleineren Städten unglaublich wertvoll. Wenn sie an die Erbschaftsteuerregelung denken, kann das ein Problem sein. 

Das kann bedeuten, dass diese Familien das Unternehmen nicht an die nächste Generation weitergeben können. Sie wagen es dann nicht, die Erbschaftssteuerbelastung auf sich zu nehmen, weil sie sagen: „Damit gehe ich womöglich unter.“ Dann wird das Unternehmen verkauft und der Sitz ist plötzlich in Frankfurt, München oder Berlin. Und dann wird das Unternehmen natürlich ausgehöhlt und kann seine Kraft nicht mehr in der Region entfalten. Das heißt, das Erbschaftsteuerrecht verändert Deutschland soziologisch. Aber jetzt sind wir zu weit vom Thema abgekommen. Dennoch interessant.

„Wir sitzen in dieser internationalen Verbindung und nutzen die gesamte Intelligenz dieses Netzwerks. Das ist Schwarmintelligenz.“

Hans-Julius Ahlmann

Carmelan

© ACO

Kommen wir zu dem Element, das Carmelan und ACO gemeinsam haben: Wasser. Bei ACO ist es das Regenwasser. Alles begann mit der Rinne, die Wassermengen einfach ableitet, um es einmal simpel zu formulieren. Heute spricht ACO von „Collect, Clean, Hold, Reuse“, also dem WaterCycle. Wie kam es zu dieser Entwicklung?

Das war vor ungefähr 15 Jahren. Es ist ja nicht so, dass wir nur hier in Büdelsdorf sitzen und die Köpfe zusammenstecken. Wir haben das Glück, ein Transnational Network zu sein, d. h., bei uns sitzt die Intelligenz in England. Sie sitzt in den USA, in Frankreich, in der Schweiz, in Tschechien, sie sitzt überall. Wir haben auch keinen Vorstand in Rendsburg, der alles weiß und alles vorgibt. Das heißt, wir sitzen in dieser internationalen Verbindung und nutzen die gesamte Intelligenz dieses Netzwerks. Das ist Schwarmintelligenz.

Die Idee mit dem WaterCycle kam von unserer englischen Gesellschaft. England hat sehr früh damit begonnen, Regenwassermanagement zu betreiben, und auch die Gesetzgebung viel früher als in Deutschland auf den Weg gebracht. Deutschland ist erst jetzt dabei, aufzuwachen. Wir haben das über zwei, drei Jahre hinweg gemeinsam entwickelt und dann kam der Zeitpunkt, an dem verschiedene Produkte und Lösungen in Deutschland produziert wurden. Insofern hatten wir sozusagen „the best of both worlds“: die philosophische Denke in England und die Produktion hier bei uns.

© ACO

Vorne der Traditionssegler, im Hintergrund das traditionsreiche Familienunternehmen

Die philosophischen Fähigkeiten hier vor Ort kann ich nicht beurteilen, wohl aber den Enthusiasmus und die Begeisterung aller Teammitglieder. Das ist wirklich erstaunlich.

Ja, diese Begeisterung haben wir uns auch gerade als Motto auf die Fahne geschrieben. Wir haben immer wieder Diskussionen über die Unternehmenskultur geführt. Es ist wichtig, die Kultur und die Begriffe immer wieder zu schärfen. Wir haben immer wieder mit englischen Begriffen, Gags und Sprüchen gearbeitet. Jetzt war es wieder einmal Zeit, sich auf etwas Knappes und Klares zu einigen. Wir haben es für uns auf den Punkt gebracht: „Nähe, Begeisterung, Mut und Bodenhaftung“. Das ist noch ganz frisch, erst zwei Wochen alt. Eigentlich kann man sich drei Begriffe besser merken, aber damit kamen wir nicht aus. Wenn wir „Begeisterung“ sagen, dann müssen wir auch begeistert sein – und das sind wir.

Carmelan

© ACO

So nehme ich es auch wahr. Es gibt ja den Spruch: „Wasser sucht sich immer einen Weg.“ Steckt das nicht irgendwie in den Genen des Watertech-Unternehmens ACO, immer wieder einen Weg zu finden?

ACO findet immer einen Weg. Typisch für uns ist, wie schon beschrieben, die Nutzung von Schwarmintelligenz. Ich denke, das ist nicht überall üblich. Wir brainstormen sehr viel, auch über die Grenzen von Abteilungen, Ländern und Hierarchieebenen hinweg. Genau da sind wir stärker, glaube ich. Außerdem haben wir sehr kurze Entscheidungswege und gehen auch einmal links oder rechts am üblichen Weg vorbei, das ist einfach schneller. Wir sind ja kein schwerer Tanker mit Aufsichtsräten und so weiter. Daher können wir Entscheidungen, die wir für richtig halten, schnell umsetzen. Und ja, wir finden immer einen Weg.

Carmelan

© ACO

Carmelan

© ACO

Carmelan

© ACO

„Uns sehen sie überall: in Mexiko-Stadt auf dem Zócalo-Platz oder in New York auf Staten Island, wo die Freiheitsstatue steht. Jemandem, der das weiß, begegnen wir auf der ganzen Welt geradezu penetrant.“

Hans-Julius Ahlmann

Interessant ist, dass alles, was sie machen, unter der Erde liegt und somit unsichtbar ist. Antoine de Saint-Exupéry hat den „Kleinen Prinzen“ einmal sagen lassen: „Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Das macht es gerade für den Bereich Marketing sicherlich nicht immer ganz einfach.

Das stimmt, diese Herausforderung haben wir tatsächlich. Wenn Menschen uns fragen: „Wo arbeiten Sie denn?“, dann verstehen die meisten „Arco“ und denken, wir stellen Schokolade her. Das ist ein Konsumgut, das kann man sehen und schmecken. Unsere Produkte und unsere Werte sind nicht gut zu sehen, aber unser Firmenzeichen schon. Wenn die Leute erst einmal Blut geleckt haben, sehen sie ACO auf den Bermudas oder auf Bali auf unseren Produkten auf dem Boden. 

Das ist bei vielen hochtechnischen oder eindrucksvollen Produkten sonst überhaupt nicht der Fall. Denken Sie zum Beispiel an Narkosegeräte. Da sehen Sie „Dräger“ erst, wenn Sie bereits auf der Intensivstation liegen. Uns sehen sie überall: in Mexiko-Stadt auf dem Zócalo-Platz oder in New York auf Staten Island, wo die Freiheitsstatue steht. Jemandem, der das weiß, begegnen wir auf der ganzen Welt geradezu penetrant. Wenn man kleine Kinder oder, wie in meinem Fall, Enkelkinder hat, die sich ab dem dritten Lebensjahr auf den Bauch werfen und nach ACO suchen, dann ist man plötzlich ganz vorne dran.

© ACO

Ich gebe zu, auch ich schaue seit längerem andauernd auf den Boden ... Ist es für Familienunternehmen und sogenannte Hidden Champions generell manchmal von Vorteil, nicht immer im Rampenlicht zu stehen?

Ja, klar. Kennen Sie das Managermagazin? Das Magazin lebt ja nur davon. Sie blasen alles, was manchmal Schlechtes in den großen Konzernen passiert, zu einer Story auf. Davon sind wir als Hidden Champion nicht bedroht, denn man geht nicht auf uns zu. Aber wer aus der Branche kommt und Probleme lösen will, die wir lösen, für den sind wir eben der Champion und alles andere als „hidden“. Professor Hermann Simon, der diesen Begriff geprägt hat, hat in seinem Buch Listen der Hidden Champions angelegt. Als er uns zwei, drei Jahre nach der ersten Liste besucht hat, hat er uns in seine zweite Liste aufgenommen. Insofern sind wir kein Hidden Champion der ersten Stunde, sondern der zweiten. (lacht)

„Wie transportiert man ,Make the world a better place‘? Das macht sehr viel Arbeit und du verkaufst kein Stück mehr dadurch.“

Hans-Julius Ahlmann

Beim The Ocean Race Europe wird es ein wenig anders sein: ACO wird als Premiumpartner sehr im Rampenlicht stehen. An der Reventloubrücke wird die „Carmelan“ liegen und auf der Brücke wird der ACO WaterDome errichtet. Im Ocean Live Park werden mehrere Hunderttausend Menschen erwartet, die ACO dann hautnah erleben können. Welche anderen Wege geht das Unternehmen, um die eigene Arbeit und die dahinterstehende Haltung publik zu machen?

Das sind einmal die heute üblich gewordenen Instrumente wie das Internet oder Social Media. Mit der Übernahme der Marketingleitung durch Frau Woldag-Schwauna sind uns jedoch gleich zwei große Fische ins Netz gegangen. Einerseits wurden wir zum UNESCO-Botschafter für das UN-Nachhaltigkeitsziel SDG6 „Sauberes Wasser und Sanitärversorgung“ ernannt. Andererseits sind wir offizieller Partner des World Engineering Day for Sustainable Development, der ebenfalls von der UNESCO und der World Federation of Engineering Organizations (WFEO) ins Leben gerufen wurde. Hierzu haben wir auch einen sehr schönen Imagefilm produziert, der auf unserer Unternehmenswebsite im Storydeck zu sehen ist. Dadurch haben wir auch eine enge Verbindung zum GEOMAR in Kiel aufgebaut, was unter anderem auch ein Grund für unsere Partnerschaft mit Ocean Europe ist. All das ist das eine, aber wir müssen aufpassen, dass wir nicht zu abgehoben sind und uns zu weit von der Bevölkerung entfernen.

Andererseits stellt sich die Frage, wie man sich in eine Sphäre der Kommunikation begeben kann, in der man seine Haltung darstellt und seinen Nutzen für die Welt dokumentiert. Wie transportiert man „Make the world a better place“? Das macht sehr viel Arbeit und du verkaufst kein Stück mehr dadurch. Aber wir können die Haltung unseres Unternehmens in diesem Bereich des Nichtstofflichen, sehr gut voranbringen.

Carmelan

© ACO

Ich kann mir vorstellen, dass es bei der Suche nach neuen Mitarbeitenden helfen kann, da diese zunehmend darauf achten, für Unternehmen zu arbeiten, die Verantwortung übernehmen.

Ja, die achten darauf. Man nennt es ja heute „Purpose”. Gerade die jüngere Generation legt sehr viel Wert darauf. Wir haben bereits eine Bewerbung über unsere Partnerschaft und unsere Publikationen zum Ocean Race Europe erhalten.

Wenn ich jemanden aus Ihrem Unternehmen fragen würde: „Was findest du super an ACO?“, was glauben Sie, welche Antwort ich da wohl bekommen würde?

(lacht) Das können Sie bei Kununu nachlesen. Da stehen alle Antworten drin, und wir schauen auch regelmäßig rein. Aber ich kann Ihnen sagen, was die Mehrheit hier gut findet: Es gibt einen gewissen Schwerpunkt. Es ist die Geborgenheit, die sie hier in der „Familie“ ihrer Kollegen finden. Das ist einfach ein Team, in dem sich die Menschen wohlfühlen. Die Mitarbeitenden fühlen sich in diesem Umfeld wohl oder sogar sehr wohl. Wir freuen uns schon jetzt auf weitere Bewerbungen.

© ACO – Interview: Ralf Löwe / sonofasailor.de
Artikelrechte erwerben