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ACO: Über die Vorhersehbarkeit der Zukunft
Was uns Papgeientaucher über den Klimawandel lehren

 

In die Zukunft schauen und die richtige Vorhersage treffen? Wir alle kennen das: Sei es im Alltag, in einer Beziehung oder im beruflichen Kontext, es ist nicht einfach, richtige Vorhersagen zu treffen. Besonders schwierig wird es, wenn auf unsicherem Gelände Entscheidungen getroffen werden sollen. Eine Analogie zwischen Rattenepidemie, Papageientaucher-Figuren und Klimawandel.

Sealevel

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Papageientaucher genießen aufgrund ihrer charakteristischen Erscheinung und ihres charmanten Verhaltens in vielen Gesellschaften eine besondere Stellung. In Wales im Südwesten des Vereinigten Königreichs sind sie Teil des kulturellen Erbes und ziehen sowohl Einheimische als auch Touristen an. Ihre Präsenz gilt oft als Indikator für die Gesundheit maritimer Ökosysteme und ihre Erhaltung ist vielen Naturschutzorganisationen ein Anliegen.

Sie bevorzugen Inseln und Klippen mit grasbewachsenen Flächen, wo sie ihre Nester in Erdhöhlen bauen. Vor allem in den Monaten von April bis Juli kehren sie zum Brüten an die Küsten zurück. Ideale Bedingungen finden sie zum Beispiel auf Skomer Island und Bardsey Island in der Cardigan Bay, wo sie relativ ungestört sind und in den umliegenden Gewässern reichlich Nahrung finden. Auf der namensgebenden Insel Cardigan Island waren sie früher ebenfalls zu finden. Bis das Frachtschiff Herefordshire im Jahr 1934 während eines schweren Sturms dort strandete. Dabei gelangten zahlreiche Ratten von Bord des gestrandeten Schiffes auf die Insel. Die Ratten überlebten, indem sie die Eier und Küken der bodenbrütenden Seevögel fraßen. Dies führte zur vollständigen Ausrottung der Papageientaucher-Kolonien auf der Insel.

 In den 1990er Jahren hatten Schulkinder dann eine neue Idee. Sie wollten die Brutpaare mit Papageientaucherattrappen anlocken

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Kurz darauf wurde es den Bewohnern ein Herzensanliegen, die Papageientaucher wieder auf der Insel anzusiedeln. Zuvor musste die Insel allerdings rattenfrei sein. Dies gelang erst 25 Jahre später. Anschließend begannen diverse Versuche, Populationen anzulocken. In den 1980er Jahren schufen Pfadfinder Nistplätze für die Vögel, um die Attraktivität der Insel für sie zu erhöhen. Ohne Erfolg. In den 1990er Jahren hatten Schulkinder dann eine neue Idee. Sie wollten die Brutpaare mit Papageientaucherattrappen anlocken.

Die Anforderungen an die Attrappen waren allerdings hoch. Sie mussten schwer genug sein, um auch im Wind zu stehen. Sie mussten dem rauen Wetter und der Salzluft trotzen und einem echten Papageientaucher zum Verwechseln ähnlich sehen. Hier kam der englische ACO-Standort in Shefford ins Spiel. Zusammen mit dem damaligen Dyfed Wildlife Trust wurde eine Gießform eines täuschend echt aussehenden Papageientauchers erstellt und anschließend 200 „echte” Papageientaucher-Rohlinge aus dem recycelbaren ACO-Werkstoff Polymerbeton gegossen.

Cardigan Island

© Visit-Wales

© ACO

Welcome home, darling …

Die Rohlinge wurden Schulklassen zur Verfügung gestellt, die die Figuren naturgetreu anmalten. Die fertigen Papageientaucher-Skulpturen wurden nach Cardigan Island hinausgefahren und in einigen der Nisthöhlen ausgestellt. Die Hoffnung war groß, dass diese fast lebensecht aussehenden Brutpaare zahlreiche reale Nachahmer anlocken würden. Leider blieb der Erfolg jedoch aus – bis heute. Es haben sich keine Papageientaucher mehr auf Cardigan Island angesiedelt.

Puffins bemalen

© ACO / Dyfed Wildlige Trust

Im Kontext des Klimawandels häufen sich jedoch die Ereignisse, die die Grundlage für klare, wissenschaftlich fundierte Vorhersagen zur Zukunft unseres Planeten bilden

Dass die Ratten über Cardigan Island herfallen würden, war nicht vorhersehbar. Auch heute sind viele Vorgänge in der Natur nicht täglich wahrnehmbar. Im Kontext des Klimawandels häufen sich jedoch die Ereignisse, die die Grundlage für klare, wissenschaftlich fundierte Vorhersagen zur Zukunft unseres Planeten bilden – und sie kommen näher. Amelie Hoff vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach sagt: „Mit dem DWD-Klimavorhersagesystem wurde aktuell eine starke Tendenz – mit einer Wahrscheinlichkeit von 93 Prozent – eines abermals überdurchschnittlich warmen Spätsommers von Juli bis September berechnet.“ 

Bild aus dem Weltall

© NASA / Unsplash

Wenn man den Fachleuten folgt, verschieben sich mit der fortschreitenden Erwärmung die Jahreszeiten nicht nur manchmal, sondern immer öfter ins Extreme. Das betrifft sowohl einzelne Hitzespitzen, als auch die Sommerregenfälle und Gewitter. Eine wärmere Atmosphäre kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen, entzieht den Böden erhebliche Mengen Wasser und regnet öfter in Starkregenmengen ab. Die drohende wetterbedingte Destabilisierung erhöht den Druck für Anpassungsmaßnahmen und macht Wetterexperten, die ihre Frühwarnsysteme verbessern müssen, zunehmend gefragt. Es wird viel an leistungsfähigeren Saison- und Langzeitvorhersagen gearbeitet. Ganz einfach ist das allerdings nicht.*

Hitzewellen, Starkregenereignisse oder Überflutungen sind nicht sicher vorhersehbar. Sicher ist nur, dass einzelne Komponenten des Klimasystems unterschiedlich schnell auf den Klimawandel reagieren. Dies betrifft insbesondere langfristige zyklische Prozesse wie die Windbewegungen über den Ozeanen. So kam es Mitte 2023 über dem Nordatlantik zu einer beispiellosen Erwärmung der Oberflächentemperatur, da die Winde schwach waren. In der Luft ist dies bereits ein großer Schritt, im Ozean allerdings ein großer Sprung, da er normalerweise als Puffer eher langsam auf Temperaturveränderungen reagiert. Diese marinen Hitzewellen hatten einen signifikanten Einfluss auf die damals entstehenden Temperatur- und Sommerrekordwerte.

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Puffin

Übrigens:
Ein Papageientaucher kann bis zu einer Minute lang und 60 Meter tief tauchen, unter Wasser steuert er mit ausgestreckten Flügeln, sodass es fast so aussieht, als würde er fliegen. Seine Füße dienen dabei als Ruder.

Die Ratten auf Cardigan Island waren nicht vorhersehbar. Der Klimawandel ist es jedoch

Kiellinie

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Die Ratten auf Cardigan Island waren nicht vorhersehbar. Der Klimawandel ist es jedoch – wenn auch nur in Spitzen – und er ist für uns alle spürbar. Er hat bereits jetzt an vielen Stellen den Point of No Return überschritten. Das ist definitiv sichtbar. Angesichts dieses Ausblicks sollten wir unser Handeln entsprechend ausrichten, bevor es zu spät ist.

*FAZ, 13.06.2025